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Heute möchte ich über Teamwork und Teamentwicklung reden, ein zentraler Punkt, wenn nicht sogar der zentrale Hebel, für die Leistungsfähigkeit in den Unternehmen.
Fast jeder kennt die Abkürzung für die das Wort „Team“ steht: „Toll ein andere macht’s“.
Von Lee Iacocca, einem amerikanischen Topmanager, der Ende der 1970iger- Anfang der 1980er den Automobilhersteller Chrysler sanierte, stammt die folgende Aussage:
„Letzten Endes kann man alle wirtschaftlichen Vorgänge auf drei Worte reduzieren: Menschen, Produkte und Profite. Die Menschen stehen an erster Stelle. Wenn man kein gutes Team hat, kann man mit den beiden anderen nicht viel anfangen.“
Die heutige Podcast Folge habe ich in 3 Themenbereiche gegliedert
- Sprechen wir über das Ringelmann Experiment als erstes sozialpsychologisches Experiment überhaupt
- Über Soziales Faulenzen und
- Was bedeutet soziales Faulenzen für ein Unternehmen und wie können wir ihm begegnen? Ich nenne Ihnen meine 8 Punkte dazu.
Das Ringelmann Experiment als erstes sozialpsychologisches Experiment überhaupt
Zwischen 1882- 1887 untersuchte der französische Agraringenieur Maximilian Ringelmann die Leistungsfähigkeit von Arbeitstieren, Maschinen und Menschen.
Dabei fand er heraus, dass bei Menschen die in der Gruppe gezeigte Leistung geringer war als die mögliche Einzelleistung die jedes Gruppen Mitglied hätte erbringen können.
Ringelmann ließ dabei 7 Männer an einem Seil ziehen, mal einzeln, mal in einer Gruppe.
Allein zogen die Männer 85 KG, in der Gruppe entfielen dagegen nur 65kg auf jeden Einzelnen. Dies bedeutet, dass ca. ein Viertel der Leistungsfähigkeit jedes Einzelnen verloren gegangen war. Was aus diesem Test jedoch nicht hervorging war die Beantwortung der Frage, ob es sich um Koordinationsverluste beim Ziehen in der Gruppe oder um mangelnde Motivation handelte.
Erst Mitte der 1970iger Jahre setzte sich der Sozialpsychologe Harry Ingham mit diesem Problem erneut auseinander. Um in den neuen Tests Koordinationsverluste auszuschalten, verband er den Testpersonen die Augen und bat diese einmal Alleine und einmal in der Gruppe zu ziehen. Was die Probanden nicht wussten, war, dass sie in beiden Fällen alleine zogen. Auf diesem Wege waren die Koordinierungsprobleme als Erklärung weggefallen doch das Resultat war das gleiche. In dem Moment wenn die Testpersonen der Meinung waren im Team zu arbeiten, sank die Leistungsfähigkeit. Problematisch an diesem Experiment war allerdings, dass die Gruppengröße mit der Anzahl der Zuschauer vermischt war: Je weniger Personen zogen, desto mehr Personen standen als Zuschauer daneben. Man konnte daher nicht ausschließen, dass die abgelieferte Leistung möglicherweise im Zusammenhang mit der Anzahl der Zuschauer stand. Je weniger Personen die Last zogen desto mehr Zuschauer gab es. Der Fachbegriff dazu lautet „Social Facilitation“ was so viel wie Soziale Erleichterung bedeutet. Darunter versteht man, dass Lebewesen bei bloßer Anwesenheit von Artgenossen bei einfachen Aufgaben bessere Resultate erzielen. Bei komplexen Aufgaben kehrt sich diese Erleichterung jedoch um und die Leistung der Person sinkt.
In diesem Test hatte man also lediglich Koordinations- und Motivationsverlust voneinander getrennt, die soziale Erleichterung war hingegen noch nicht berücksichtigt worden.
2. Soziales Faulenzen
Im Jahre 1979 griff Bibb Latane diese Untersuchungen erneut auf, mit dem Ziel, diesmal auch die Komponente der Sozialen Erleichterung, also den Bezug von Leistung und der Anzahl der Zuschauer, auszuschließen. In diesem Versuch ging es um die Produktion von Lautstärke. Die Probanden trugen Augenbinden und bekamen ihre Instruktionen über Kopfhörer. Durch Augenbinden und Kopfhörer völlig abgeschottet gingen sie bei diesem Test davon aus, dass sie in einer Gruppe durch klatschen und rufen Lärm produzierten, in Wirklichkeit produzierten sie den Lärm jedoch ganz allein.
Auf diese Art und Weise konnte man Motivationsverlust von Koordinationsverlust trennen sowie die soziale Vereinfachung ausschließen und somit den wirklichen Motivationsverlust darstellen. Das Ergebnis zeigte jedoch erneut, dass die Leistung in der Gruppe deutlich sinkt. Um diese Erkenntnisse anschließend vom Ringelmann Effekt abzugrenzen, entstand der neue Begriff „Social loafing“ oder auch soziales Faulenzen.
In den 1990igern trugen dann Karau und Williams 80 Experimente zum sozialen Faulenzen zu einer Meta Analyse mit dem Ergebnis zusammen, dass
- Es den Faulenzer Effekt sowohl bei körperlichen wie auch bei geistigen Aufgaben gibt, und zwar immer dann, wenn unklar bleibt wie stark die einzelne Person am Gesamtergebnis beteiligt ist.
- Der Faulenzer Effekt bei Männern stärker ausgeprägt ist als bei Frauen
- und der Faulenzer Effekt in westlichen Kulturen stärker ist als in östlichen Kulturen.
Seit Karau und Williams gilt es als endgültig erwiesen, dass Menschen in der Gruppe weniger motiviert sind ihre 100%ige Leistung zu erbringen. Aber warum dieses Phänomen auftritt, lässt sich bis heute nicht genau erklären.
Als Schlussfolgerung darf man annehmen, dass sich Menschen sowohl in Gruppen- als auch in Einzelsituationen nur anstrengen, wenn dadurch ein persönlich wertvolles Ziel oder auch ein Vorteil erreicht wird. In der Gruppensituation ist jedoch diese eigene Leistung oft nicht eindeutig identifizierbar. Bekommt ein Mensch daneben noch das Gefühl, die eigene Leistung sei nicht wirklich relevant für das Gesamtergebnis einer Gruppe oder eines Teams, sinkt seine Motivation und sein Einsatz.
3. Was bedeutet soziales Faulenzen für ein Unternehmen und wie können wir ihm begegnen?
Zunächst mal wird es überall dort zu einem Problem, wo Leistung in Teamarbeit erbracht werden soll. Das können ganze Abteilungen sein, sogenannte Business Units, Projekt Teams oder auch einfache Gruppenarbeiten zur Vorbereitung einer Präsentation.
Wenn wir als Führungskraft jedoch wissen, dass ein potenzielles Risiko besteht mit einem Team nur 75% der möglichen Arbeitsleistung zu erreichen, dann müssen wir Motivatoren finden diese Lücke zu schließen.
Es gibt bis heute noch keine belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie soziales Faulenzen zu verhindern oder zu reduzieren ist.
Sehr interessant ist dazu auch eine neuere Studie des Psychologen Benjamin Walker von der Australian School of Business. In dieser Studie mussten 158 Studenten in über 30 Teams die verschiedensten Aufgaben bewältigen. Die Studie zeigte, dass schon ein Abweichler die Disziplin in einem Team nachhaltig störte. Zunächst verschlechterten sich die Gruppenergebnisse und anschließend die Stimmung. Auch wenn die anderen Teammitglieder versuchten sich noch mehr ins Zeug zu legen, der Störer konnte nicht kompensiert werden.
Bei den nun folgenden 8 Punkten kann man jedoch davon ausgehen, dass sie die Teamleistungsfähigkeit deutlich erhöhen.
Bei all diesen Punkten geht es in erster Linie darum, den Stellenwert der einzelnen Teammitglieder deutlich zu machen und hervorzuheben. Nur wenn man als Persönlichkeit wahrgenommen wird und nicht als kleines unwichtiges Rad in einem Getriebe, ist man bereit an seine Grenzen zu gehen und die Komfortzone zu verlassen.
- Für jedes Teammitglied einen Verantwortungsbereich finden, der der Rolle des Einzelnen entgegen kommt.
- Das Verantwortungsgefühl eines jeden Teammitgliedes erhöhen.
- Dafür Sorge tragen, dass es individuelle Bereiche gibt, die gewöhnlich von keinem anderen übernommen werden und in die sich auch kein anderer einmischt.
- Jedem Einzelnen die eigene Bedeutung und Wichtigkeit klar machen und das Verantwortungsgefühl des Einzelnen erhöhen.
- Neben den Teamzielen auch individuelle Ziele definieren und sicherstellen, dass diese sich nicht widersprechen.
Ich habe zu Pt. 5 ein wunderbares Praxisbeispiel von dem ich dachte, so etwas würde es nur im Konzernumfeld geben, inzwischen sehe ich, dass es ein weiter verbreitetes Problem ist. In vielen Unternehmen werden Boni, abhängig vom geschäftlichen Erfolg, gezahlt. Stellen sie sich vor, Sie haben, entsprechend Ihrer neuen Strategie, Ihr Unternehmen auf Umsatzwachstum ausgerichtet und reflektieren diese Ausrichtung auch in den Bonusparametern Ihrer Führungskräfte. Nun stellen sie mitten im Jahr fest, dass sich externe Faktoren, ausgelöst z.B. durch den Dollarkurs oder ein neues Import/ Export-Gesetz, massiv geändert haben. Dies erfordert, Ihre strategischen Ziele kurzfristig anzupassen. Wenn dann die ursprünglichen vereinbarten Bonus Parameter Ihrer Mitarbeiter nicht ebenso angepasst werden, werden sich Ihre Mitarbeiter mit jedem Prozent Extraleistung weiter von Ihrem eigenen monetären Ziel entfernen.
- Das Einbringen von Einzelmeinungen gestatten und fördern. Dazu gehört auch das berühmte Thinking out of the box. Lassen sie Meinungen zu und erlauben Sie auch „verrückte Ideen“. Vieles ist nicht im ersten Moment umsetzbar aber oft langfristig machbar.
- Das Verständnis für die anderen Rollen im Team fördern. Jedem Teammitglied muss bewusst sein, welche Leistung sein Nebenmann beisteuert. Geben Sie Ihren Mitarbeitern auch die Möglichkeit sich etwas tiefgehender mit den anderen Rollen zu beschäftigen. Erstens schafft es Vertrauen und Respekt für den Nebenmann und zweitens kann daraus ein großartiger Ideenpool entstehen.
- Und als letzter Punkt: Schenken Sie jedem Teammitglied Vertrauen.
Eines sollten wir jedoch in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen und noch einmal über die schwierigen Charaktere sprechen. Die, die sich in Gemeinschaftsprojekten immer zurückhalten , Leute die immer nur rummeckern und mosern und als drittes die Intriganten die permanent gegen die Kollegen schießen.
In diesen Fällen heißt es direkt einzuschreiten. Wehret den Anfängen. Hier nichts zu tun, nicht die Führung zu übernehmen bedeutet die Motivation der anderen Teammitglieder sukzessive zu zerstören. Bitte denken Sie immer daran, nach spätestens 3 Jahren haben Sie als Führungskraft genau das Team, das Sie verdienen.
Nachdem wir jetzt so intensiv über Teamwork gesprochen haben, lassen Sie mich noch ein schönes Bild aus der Hundewelt beisteuern.
Mensch/ Hund Teams sind im Alltag nichts Ungewöhnliches.
Als gutes Beispiel dienen für mich hier die Rettungshunde, sei es für die Lawinen, Erdbeben- oder auch Flächensuche.
Hier bildet der Mensch einen Hund in einem ganz speziellen Bereich aus, nämlich der Nasenarbeit. Dabei geht es nicht darum dem Hund beizubringen wie er riechen muss. Die Aufgabe lautet, dem Hund beizubringen seine Nase optimal und zielorientiert einzusetzen. Dies ist ein riesengroßer Unterschied, da der Hund das Riechen bis zu 10.000x besser beherrscht als der Mensch. Sie können solch ein Mensch/ Hund Team durchaus mit einer Führungskraft und einen Spezialisten vergleichen. So wenig wie ein Hundeführer seinem Hund das Riechen erklären kann, so wenig kann sich in der Regel eine Führungskraft in die operative Arbeit eines Spezialisten einmischen. Auch hier kann die Führungskraft meistens nicht das Wie bestimmen sondern sollte sich auf die Zielbeschreibung beschränken. Diese dazu notwendige Vertrauensbasis muss jedoch in beide Richtungen funktionieren. Stellen Sie sich einmal vor, Hund und Hundeführer müssen bei einem Erdbebeneinsatz aus einem Hubschrauber abgeseilt werden, der Hund hat jedoch nicht das notwendige Vertrauen zu seinem Führer, sich, zusammen mit ihm, im Geschirr abseilen zu lassen. Der Hund kann noch so ein guter Spürhund sein, sie werden das gemeinsame Ziel nicht erreichen. Ebenso wird es jedem gehen, der seinen Mitarbeitern kein Vertrauen schenkt. Diese werden sich wehren oder, wenn dies nicht so ohne weiteres möglich ist, werden sie ihren Anteil am gemeinsamen Ziel nur sehr reduziert einbringen. Der Hund wird es seinem Führer nur schneller und direkter zeigen.
Zusammenfassung:
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen in einem Team in der Regel nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen, dies kann bis zu 25% Leistungsminderung eines jeden Teammitgliedes betragen. Es ist die Aufgabe von Führungskräften oder Line Managern diesem, menschlich ganz gewöhnlichen Verhalten, entgegenzuwirken und durch das Übertragen von Verantwortung und Vertrauen die Möglichkeiten zu optimieren. Besonders wichtig bleibt für mich der Punkt, dass für ein gutes Teamwork Vertrauen immer in beide Richtungen funktionieren muss.
Damit schließe ich die heutige Folge ab. Mir hat es großen Spaß gemacht und ich freue mich, dass Sie mit dabei waren.
Wenn Sie Lust haben, schreiben Sie mir Ihre Meinung gerne unter mail@thomas-reining.de. Ich würde mich über einen Kommentar sehr freuen.
Zum Abschluss noch das Zitat der Woche, heute von Alfred Brehm
„Noch sind wir weit entfernt, das tierische Leben erkannt zu haben, und noch studieren wir an Tieren, in der Absicht, uns selbst kennenzulernen.“