GFG022- Kritikgespräch oder Feedback? Was ist der Unterschied?

Die Zeiten ändern sich

Früher, ja früher. Da wurde man zum Chef gerufen und wusste, dies bedeutet nichts Gutes. Dann kam die Zeit der Beurteilungsgespräche, Karrieregespräche, Kritikgespräche oder auch Jahresendgespräche und plötzlich sprach jeder nur noch von Feedback.
Ist das eigentlich dasselbe oder gibt es Unterschiede zwischen einem Kritikgespräch und einem Feedback? In der Folge 22 meines Podcasts habe ich dies untersucht. Den Begriff Kritikgespräch hört man heute immer seltener, das mag damit zusammenhängen, dass wir uns heute gerne englischer Begriffe bedienen. Und „Feedback“ klingt ja auch viel angenehmer als Kritikgespräch, trifft aber meines Erachtens nicht 100% den Punkt eines solchen Kritikgesprächs.

Unterschied zwischen Kritikgespräch und Feedback

Ein Kritikgespräch muss nach meiner Einschätzung 3 wichtige Punkte  erfüllen.

  1. Eine definierte und von allen Beteiligten anerkannte Leitlinie liegt vor.
  2. Es liegt eine Abänderung der Leitlinie vor.
  3. Diese Abänderung kann von den beteiligten Gesprächspartnern eindeutig nachvollzogen werden.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: die Kernarbeitszeit in einem Unternehmen liegt zwischen 10:00 -15:00. Über die zusätzlich zu leistenden Arbeitsstunden darf der Mitarbeiter frei verfügen. Er darf also früher beginnen, später die Arbeit beenden oder eine Kombination aus beidem wählen. Nimmt nun ein Mitarbeiter seine Tätigkeit anstatt spätestens um 10:00 erst um 11:00 auf und arbeitet entsprechend länger. Er verpasst jedoch 1 Std der Kernarbeitszeit. Diese Änderung kann leicht nachvollzogen werden. Ist eine der drei genannten Bedingungen nicht erfüllt, ist es nach meinem Dafürhalten kein Kritikgespräch sondern ein Feedback. Das Kritikgespräch ist eine sehr deutliche, unmissverständliche Art, jemandem eine Rückmeldung zu geben, um klarzumachen, welche Punkte es zu ändern gilt. Diskussionen, Wahrnehmungen oder andere Ansichten treten dabei eher in den Hintergrund.

Was es bei einem Kritikgepräch zu beachten gilt:

Nennen möchte ich Ihnen jetzt zunächst meine acht wichtigsten Punkte für ein Kritikgespräch:

  1. Machen Sie sich zunächst klar, was Sie mit diesem Gespräch erreichen wollen, welche Ziele sie verfolgen und gehen Sie entsprechend vorbereitet in das Gespräch. Nichts ist schlimmer für Sie als Vorgesetzten wenn Sie unklar sind und Ihr Gegenüber möglicherweise Ihre Punkte widerlegen kann.
  2. Führen Sie das Gespräch immer unter vier Augen, max. unter sechs Augen. Nichts ist demütigender als vor dritten, u.U. sogar Kunden gemaßregelt zu werden. Die Folgen können vielfältig sein, von Dienst nach Vorschrift bis zu innerer Kündigung oder Krankheit.
  3. Wählen sie einen geeigneten Raum. Es muss nicht Ihr Büro sein, sondern es kann auch ein etwas abgelegener, ruhiger Besprechungsraum sein. Und vermeiden Sie verglaste Räume oder auch geöffnete Fenster. Sehr gut funktionieren auch Gespräche bei einem kleinen Spaziergang. Vermeiden in jedem Fall Gespräche zwischen Tür und Angel.
  4. Wählen sie einen geeigneten Zeitpunkt und sammeln Sie bitte auch nicht diverse Punkte, um dann zu r Generalabrechnung auszuholen. Kritikgespräche sollten immer zeitnah geführt werden. Als unfair empfinde ich es, diese Gespräche gleich morgens früh zu führen. Der Betroffene muss sich dann mit ihrer Kritik durch den gesamten Tag quälen. Das Gespräch nach der Mittagspause zu führen, gibt Gelegenheit die Kritik zu verarbeiten, vielleicht sogar einen Fehler direkt zu korrigieren und dann am nächsten Tag einen Neustart hinzulegen.
  5. Achten Sie auf die richtige und angemessene Gesprächsführung. Denken Sie daran: „Wut frisst Hirn“, warten Sie also bis Ihr eigener Zorn verraucht ist. Seien Sie dann aber klar in ihren Aussagen. Sie müssen sich auch nicht für Ihre Aussagen entschuldigen oder versuchen Sie zu erklären.Wählen Sie Ihre Worte sorgfältig, verzichten Sie auf Ironie und Spott und achten Sie auf Ihre Körpersprache und die nonverbalen Signale. Je kleiner Sie Ihr Gegenüber machen desto mehr wird er auf den Moment warten, Ihnen eine solche Situation heimzuzahlen.
  6. Beenden Sie Ihr Gespräch mit einer Zielvereinbarung, mit der auch Ihr Mitarbeiter einverstanden ist. Machen Sie deutlich, dass es sich dabei nicht nur eine vage Absichtserklärung sondern um etwas Konkretes handelt.
  7. Danken Sie Ihrem Mitarbeiter für das Gespräch und auch für eventuelle Lösungsansätze und vereinbaren Sie einen konkreten Termin für ein weiteres Gespräch. Der Zeitrahmen sollte einerseits eine Herausforderung, andererseits aber keine unlösbare Aufgabe darstellen.
  8. Schauen Sie auf die Umsetzung, was nicht bedeutet, dass Ihr Mitarbeiter nun unter permanenter Beobachtung und Kontrolle steht. Sie haben ein gemeinsames Ziel festgelegt. Das Erreichen dieses Zieles gilt es in erster Linie im Auge zu halten und weniger den Weg dorthin, ansonsten wirkt es demotivierend.

Feedback

Kommen wir nun zum Feedback, was genau ist überhaupt Feedback?

Ktitikgespräch und FeedbackSchon der Begriff klingt weniger hart und oft spricht man sogar davon „ein Feedback zu schenken“. „Feedback“ ins Deutsche zu übersetzen ist nicht leicht, denn der Begriff umfasst einen viel breiteren Bedeutungskorridor und wird darüber hinaus bei uns recht inflationär gebraucht. Man muss sich nur in einem englischen Wörterbuch die deutsche Übersetzung anschauen.

Da findet man dann Begriffe wie Rückmeldung, Bewertung, Resonanz, Reaktion, Rückinformation, Rückkopplung, Wertung, Beurteilung, Rückspiegelung. Sie merken, Feedback kann in die verschiedensten Richtungen gehen. Schon die kurze Rückmeldung des Empfängers einer Nachricht oder auch eines Kunden wird als Feedback bezeichnet, aber auch eine einfache Rückkopplung in der Tontechnik. Im Bereich der Mitarbeiterführung unterscheide ich das persönliche Feedback von der besonderen, gruppendynamischen Form der Rückmeldung.

Persönliches Feedback

Das persönliche Feedback geht dabei in die Richtung eines Kritikgespräches ohne jedoch die schon genannten drei Punkte Leitlinie, Abänderung der Leitlinie und Nachvollziehbarkeit zu erfüllen. In einem Feedback als gruppendynamische Form der Rückmeldung berichten die Teilnehmer der Feedbackrunde über ihre eigenen, ganz persönlichen Wahrnehmungen oder Empfindungen und diese unterliegen der Freiwilligkeit. In einem Feedbackgespräch bewegen sich die Gesprächspartner viel eher auf Augenhöhe und es ist auch möglich, der Führungskraft oder dem Chef ein Feedback zu geben. Ebenfalls wichtig: man erfragt oder erbittet ein Feedback und wird damit nicht ungefragt konfrontiert.

Feedback ist in erster Linie dazu gedacht die Selbstwahrnehmung des Empfängers zu verbessern, um sein zukünftiges Verhalten zu steuern. Jedes Verhalten wird von verschiedenen Menschen unterschiedlich aufgenommen und beurteilt. Durch ein offenes Feedback erfährt der Feedbackempfänger, wie er in einer konkreten Situation auf andere wirkt.

Nutzen

Damit ein Feedback einen wirklichen Nutzen für den Empfänger entwickelt, empfehle ich folgende fünf Regeln beachten.

  1. Feedback sollte erwünscht sein. Geben Sie nur dann ein Feedback, wenn Sie das OK Ihres Gegenübers haben, dass er eine entsprechende Rückmeldung von Ihnen erhalten möchte.
  2. Beziehen Sie sich bei einem Feedback immer auf ein bestimmtes Verhalten in einer konkreten Situation und nicht auf die Person als solche.
  3. Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Gefühle, Ihre Wahrnehmungen und Ihre Vermutungen auch als solche formulieren und mitteilen. Denken Sie daran, dass eine dritte Person u.U. ganz andere Wahrnehmungen oder Gefühle hat.
  4. Zu einem Feedback gehören nicht nur negative Punkte sondern auch Ihre positiven Wahrnehmungen, Gefühle und  Vermutungen.
  5. Richten Sie Ihr Feedback so aus, dass Ihr Gegenüber die Möglichkeit hat, Ihnen ein Feedback in gleicher Art und Weise zu erteilen, auch wenn Sie der Chef sind. Feedback sollten sie nur dann geben, wenn Sie selbst bereit sind auch ein Feedback zu erhalten.

Feedback sollte konstruktiv, beschreibend, konkret, subjektiv und nicht nur negativ sein. Beachten Sie bitte auch die folgenden drei Regeln für das Annehmen eines Feedbacks. Und diese Regeln sind besonders für Vorgesetzte von enormer Wichtigkeit.

  1. Lassen Sie Ihr Gegenüber ausreden. Sie können nicht vorher schon wissen, was er sagen oder ausführen möchte, sondern lediglich Vermutungen anstellen was er Ihnen mitteilen wird.
  2. Fangen Sie nicht an, sich zu rechtfertigen oder zu verteidigen. Der Feedbackgeber kann Ihnen lediglich mitteilen, wie Sie persönlich oder eine bestimmte Situation auf Ihn gewirkt haben, nicht wie Sie sind, wie Sie auf andere wirken oder wie Sie sich selbst sehen. Wichtig dabei ist auch, genau zu verstehen, was der andere gemeint hat. Bei Unklarheiten fragen Sie bitte genau nach, wie was gemeint ist.
  3. Bedanken Sie sich für das erhaltene Feedback, auch wenn Ihr Feedbackgeber vielleicht nicht die richtige Form eingehalten hat.

Als Chef oder Führungskraft gilt:

Reflektieren Sie das erhaltene Feedback, entscheiden Sie in welcher Form Sie Ihr zukünftiges Verhalten oder Agieren anpassen möchten, aber vermeiden Sie es, mit Erklärungen zu reagieren. Ihr Mitarbeiter hat Ihnen ein Feedback aus seiner Sicht geschenkt, mit Erklärungen fordern Sie Ihn geradezu heraus, zukünftig, unter dem Deckmäntelchen eines Feedbacks, Erklärungen einzufordern. Sie haben als Chef oder Vorgesetzter das große Ganze im Blick und Sie tragen in letzter Konsequenz die Verantwortung. Wenn Ihre Reflektion ergibt, etwas ändern oder verbessern zu müssen, dann tun Sie das, aber bringen Sie sich nicht selbst und unnötig durch Verteidigungen und Erklärungen in Bedrängnis.

So, das waren die Unterschiede zwischen einem Kritikgespräch und einem Feedback. Sie sollten auch vermeiden, zu einem Feedbackgespräch zu bitten, und dann daraus ein Kritikgespräch zu machen, denn so verspielen Sie Vertrauen.

Stichwort Vertrauen: Auch für Feedbackgespräche und Feedbackrunden ist ein hohes Maß an Vertrauen notwendig. Am besten etablieren Sie in Ihrem Unternehmen oder in Ihrem Team eine echte Feedbackkultur. Alle Teilnehmer solcher Feedbackrunden müssen sicher Wertschätzung sicher sein und das Vertrauen haben, dass das Gesagte auch in der Gruppe vertraulich behandelt wird. Sollte dies missachtet werden, können Sie sich zukünftige Feedbackrunden auch schenken, denn Sie werden keine ehrlichen Rückmeldungen mehr bekommen.

Ich wünsche Ihnen eine gute 1. Adventswoche, Ihr Thomas Reining

Zum Abschluss das Zitat der Woche, heute von C.M. von Unruh

Wenn ein edler Hund einen Menschen unversöhnlich hasst, so ist das immer ein bedenkliches Zeichen. Die Hunde fühlen, so wie die Kinder, die feinsten Gegensätze zwischen äußerer Gestalt und innerem Wesen heraus. Ein hoch entwickelter Hund ist mit seinem Herrn völlig eins, er fühlt für ihn und hasst den Feind des Herrn, auch den heimlichen.

Bilder:

Beitragsbild: Jamrooferpix – Fotolia
Feedback: ileezhun – Fotolia

 

Ein Kommentar

  1. „Wenn ein edler Hund. . . . „:
    SO VIEL WAHRHEIT STECKT IN DIESEM ZITAT! Ich hatte eine „Freundin“, die keine Freundin war! Sie war stets höflich und zuvorkommend, hörte sich meine Sorgen an und schien ein Mensch zu sein, dem man sich anvertrauen und in dessen Anwesenheit man sich buchstäblich fallen lassen kann. Aber in Wahrheit versuchte sie, mir mit üblen Tricks meinen Mann auszuspannen. So ging das eine ganze Zeit, ohne dass ich dies bewußt wahrnahm. UND ICH HATTE EINEN HUND VON EDLER RASSE. meine Freundin gab stets vor, meinen Hund zu mögen. Diese angebliche Liebe jedoch wurde von meinem Hund nicht erwidert. Er knurrte sie an, wann immer sie sich blicken ließ. Wir konnten uns dies zunächst nicht erklären, bis wir sie eines Tages durchschaut hatten. Die Folgen waren unausbleiblich.

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