Podcast: Play in new window | Download
Wie gehen Sie als Unternehmer oder als Führungskraft richtig mit Reklamationen um?
Reklamationen sind immer unangenehm. Dabei ist es völlig egal ob es sich um ein Produkt oder um eine Dienstleistung handelt. Probleme bei Reklamationen kann es immer wieder geben. Die Kunst ist es, diese zu lösen und möglicherweise durch ein gelungenes Vorgehen, einen Imagegewinn zu erzielen. Jeder Mensch, jeder Kunde ist sich darüber im Klaren, dass niemals alles immer reibungslos verläuft. Das bedeutet, Fehler werden durchaus akzeptiert, zumindest dann wenn man gewillt ist, eine vernünftige Lösung zu erzielen.
Das Beispiel:
Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben, dass mir jetzt schon seit November im Kopf herumgeht und seinen Teil zu dieser Sendung beigetragen hat. Im letzten Herbst musste ich neue Winterreifen für mein Auto kaufen und besuchte meinen langjährigen Reifenhändler um Möglichkeiten und Preise in Erfahrung zu bringen. Zufällig war genau in diesem Moment auch der Vertreter einer bekannten Reifenmarke anwesend und als dieser Vertreter von meinen Wünschen hörte, schaltete er sich ein und übergab er mir einen Hochglanzprospekt seiner Produkte. Ich war als Kunde erstens erfreut, dass ich gleichzeitig mit zwei kompetenten Fachleuten sprechen konnte und zweitens begeistert, was ich in diesem schön gemachten Prospekt lesen konnte und was auch heute noch im Internet auf der Homepage der Reifenherstellers geschrieben steht:
„Vergessen Sie die Wettervorhersage. Der erste Premium-Winterreifen für PKW´s, der mit Nassgriffklasse A der EU-Reifen-Klassifikation eingestuft wurde!“
Das war mein Reifen.
Die Ernüchterung
So ca. 2 Wochen nachdem meine Reifen montiert waren und ich mal wieder Zeit gefunden hatte meine Büroablage zu erledigen, bekam ich diese Rechnung wieder in die Hände und stellte jetzt beim aufmerksamen Lesen fest, Nasshaftung „B“. Der Reifen hatte laut Rechnung nicht die Nassgriffklasse „A“. Mein erster Gedanke war ein Fehler beim Erstellen der Rechnung. Ich rief also bei meinem Reifenhändler an, um ihm meine Entdeckung zu erklären. Was dann passierte, machte ich mich dann aber richtig ärgerlich.
Auf meinen Hinweis erhielt ich eine unterkühlte bis unfreundliche Reaktion, das Anliegen als solches interessierte ihn eigentlich überhaupt nicht und ich bekam die Antwort, Winterreifen mit der Nasshaftung „A“ würde es schon mal gar nicht geben. Es ging so ein typisches Frage-Antwort-Ping-Pong Spiel los bis ich meinen Händler fragte, warum er so merkwürdig reagiere und ob er befürchten würde, dass ich die Reifen umtauschen oder einen nachträglichen Rabatt ziehen möchte.
Falscher Fokus
Und genau dies war seine Sorge. Meine Gedanken, Fragen oder Erwartungen waren ihm völlig gleichgültig. Mir ging es nie um eine Wandlung, einen Umtausch oder einen Rabatt. Ich dachte, einen wertvollen Hinweis gegeben zu haben und wollte, nachdem ich erfahren hatte, dass die Rechnung korrekt ausgestellt worden war, nur den Grund für die unterschiedlichen Klassen erfahren. Ich weiß nicht wie zufrieden mein Reifenhändler mit diesem Gespräch war, jedenfalls fühlte ich mich anschließend überhaupt nicht ernst genommen und verkohlt.
Auf der Sachebene blieb festzuhalten, dass es möglicherweise einen Unterschied der Bewertungen in der EU und in D gibt. Auf der Beziehungsebene war dies in keinem Fall ein Gespräch zur Kundenbindung.
Sieben entscheidenede Tipps
Damit kommen wir zu meinen sieben Tipps, wie Sie mit Reklamationen, ob berechtigt oder unberechtigt, umgehen sollten und was Sie tun können, um ein schlechtes Gefühl bei Ihrem Kunden in ein richtig gutes Gefühl zu verwandeln. Der richtige Umgang mit Reklamationen kann Ihnen am Ende mehr Kunden und damit mehr Umsatz in die Kasse spülen.
Tipp1:
Nehmen Sie sich Zeit für Ihren Kunden und hören sie ganz genau zu. Machen Sie keine Vorannahmen, sondern versuchen Sie sein Anliegen zu verstehen. Bedanken sie sich bei Ihrem Kunden, dass er überhaupt die Unbequemlichkeit in Kauf nimmt, dieses Gespräch mit Ihnen zu suchen. Nur so haben Sie am Ende die Chance den Sachverhalt zu klären, zu erklären und möglicherweise abzustellen. Denken Sie immer daran, aus Sicht Ihres Kunden ist dieses Anliegen berechtigt. Versuchen Sie daher, es aus seiner Perspektive zu betrachten.
Tipp2:
Nutzen Sie die große Chance, Ihre Kompetenz zu demonstrieren und die Beziehung zu Ihrem Kunden entscheidend zu festigen. Untersuchungen zeigen, dass die Kundenbindung deutlich steigt wenn Sie ein Problem Ihres Kunden zu seiner Zufriedenheit lösen. Nur in solchen Situation kann Ihr Kunde Ihre Zuverlässigkeit überprüfen und Sie bekommen die Möglichkeit, sich von anderen Anbietern nachhaltig zu unterscheiden. Jeder Kunde kennt den möglichen Trouble den eine Reklamation bedeutet. Zu wissen, dass da bei Schwierigkeiten jemand ist auf den man sich verlassen kann, ist das beste Verkaufsargument.
Tipp 3:
Suchen Sie Ursachen und Gründe, keine Schuldigen. Wenn Sie Schuldige suchen, geben Sie nur den Eindruck, das Problem auf andere abwälzen zu wollen. Sie als Verkäufer oder Dienstleister sind jedoch der direkte Ansprechpartner bei dem und von dem sich Ihr Kunde eine Lösung erhofft. Also müssen Sie diese Lösung auch anbieten und dürfen nicht einfach auf andere verweisen.
Tipp4:
Machen Sie sich bewusst, dass statistisch auf jede vorgetragene Reklamation ca. 30 weitere, ähnlich gelagerte Fälle, entfallen. Ein Grund mehr, sich bei einem Kunden zu bedanken, der eine Reklamation nicht sang und klanglos hinnimmt. Über achtzig Prozent der unzufriedenen Kunden verbreitet seine Unzufriedenheit später an durchschnittlich 10 weitere Kunden. Wie schnell können Sie da Ihren guten Ruf verlieren. An dieser Stelle auch mein Hinweis auf die Podcastfolge 36 in der ich mit Guido Augustin über das Fan- Prinzip gesprochen habe. Es geht dabei um die Frage, sind Ihre Kunden Fans, Söldner, Sympathisanten, Gefangene oder sogar Gegner. Hören Sie dort gerne nochmal hinein.
Tipp5:
Führen Sie Statistik über Kundenbeschwerden. So erhalten Sie einen Überblick und können gezielt für Abhilfe sorgen. Gerade in Unternehmen in denen mehrere Mitarbeiter für die Bearbeitung von Reklamationen zuständig sind, fällt auch ein größeres Problem unter Umständen viel zu spät auf.
Tipp 6:
Je nach Größe Ihres Unternehmens können Sie nicht alle Reklamationen als Chef alleine bearbeiten. Schulen Sie daher Ihre Mitarbeiter gründlich in der Reklamationsabwicklung und geben Sie Ihnen einen ausreichenden Verantwortungsrahmen sowie die erforderliche Entscheidungsbefugnis. Dies auch auf die Gefahr hin, dass diese in ihren Augen möglicherweise eine falsche Entscheidung treffen. Diese Entscheidung können Sie später analysieren und besprechen, aber nichts ist peinlicher für einen Mitarbeiter wenn der Chef als nächste Instanz gerufen wird und er dann wie ein dummer Junge danebensteht. Ein Mitarbeiter der dieses erlebt hat wird in Zukunft wenig motiviert sein, Reklamationen gut und im Sinne des Unternehmens zu lösen.
Tipp 7:
Tun Sie etwas unerwartetes, etwas womit Ihr Kunde nie gerechnet hätte. Vielleicht war ja die Reklamation sogar völlig unberechtigt, unter Umständen konnten Sie sogar erklären, dass es sich nicht um einen Mangel sondern um eine gewollte Eigenschaft handelt, aber Sie bedanken sich bei Ihrem Kunden mit einer kleinen Aufmerksamkeit weil er die Mühe auf sich genommen hat mit Ihnen in Kontakt zu treten. Seien Sie kreativ. Es kann ein kleiner Gutschein sein, es kann ein Rabattgutschein für den nächsten Einkauf sein oder es kann ein freundlicher Dankesbrief sein. Die Möglichkeiten sind vielfältig und der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Zitat:
Das Zitat der Woche, heute von Erwin Koch
„Kunden, die mit Reklamationen kommen, sollte man die Füße küssen. Woher sonst bekommt man eine so preiswerte Schwachstellen-Analyse?“